Fast ein Jahr sitzen wir von STR8 nun schon im Homeoffice. Wir, eine coole Agentur, die in einem schicken Altbau in Hannover Herrenhausen sitzt und von sich behauptet sehr fancy und kundenorientiert zu sein. Moment mal, hat jemand von „behaupten“ gesprochen? Natürlich sind wir das, bewiesenermaßen. An dieser Stelle verzichten wir mal auf den obligatorischen Smiley. Aber wir denken ihn uns. Und wir denken zurück: an eine Zeit vor dem ersten Lockdown. Bald ist es so lange her, dass wir eine kleines Re-Briefing brauchen, wie das genau funktioniert hat damals. Vor der Pandemie.
Unser Arbeitsalltag bestand doch tatsächlich aus – bitte nicht zusammenzucken – Treffen! Meetings! Gemeinsamen Konferenzen! Alleine bei diesen Worten aus einer fast vergessenen Zeit steigt mein imaginärer Inzidenzwert auf über 100. Menschen trafen sich also in persona. An der „Tonne“, auf der Besprechungswiese, in der Lounge. Oder einfach im Workspace, um bei´m „fancy“ zu bleiben. Wir trafen uns, um zu brainstormen, Konzepte zu besprechen, Neuigkeiten bei ray.seven zu erfahren oder einfach auch um mal über private Themen zu quatschen. Ja, da gab es das neue Normal noch nicht. Da war noch alles beim Alten.
Blicken wir zurück. Auf ein Jahr Pandemie, auf Lockdowns light bis Doppelrahmstufe und die Neuentdeckung der Einsamkeit: Das Homeoffice.
Aber waren wir denn wirklich ganz einsam? Denn viele Glasfaserkabellängen voneinander entfernt dringen wir ja trotzdem täglich in Wohnzimmergalaxien vor, die vorher nie ein Mitarbeiter oder Kunde gesehen hat. Und während einige von uns so perfekt eingerichtet sind, als ob sie die erste tote Fledermaus in Wuhan bereits geahnt hätten, fehlt es den anderen am anspruchsvollen Hintergrund. Ich bekenne mich. Auch ich entschärfe mein Leergut im Hintergrund. Und ich habe dadurch einige neue Freunde gefunden:
1) Rolfsilke
Rolfsilke ist keine Möve, kein Storch und auch keine Ente. Rolfsilke ist ein Pelikan und in seiner Funktion Teil meines virtuellen Hintergrunds in Videokonferenzen. Er wird leider regelmäßig verwechselt, sorgt aber auch immer wieder für kleine Lacher, wenn ich von seiner Geschichte und Herkunft berichte (wer hier mehr erfahren möchte – bitte PM an mich ). Er gehört nun auch schon fast ein Jahr zu einem weiteren ständigen Lockdown Begleiter, den ich nicht mehr missen möchte.
2) MURPHY
Er stand eines Tages vor unserer Terrassentür und schaute mich durch die Scheibe an. Vielleicht interessierte ihn auch einfach nur die Diskussion über Networking-Tools, die da vor ihm stattfand. Und vielleicht grämte es den kleinen süßen Kater genauso, dass wir immer noch nicht herausgefunden haben, wie man nach dem Business Talk auf der virtuellen Afterwork-Party anstoßen kann. Aber wie in echt bitte! Er kommt jedenfalls seit diesem Videocall jeden Tag, lässt sich den Bart kraulen und sich mit einem Leckerli versorgen. Nicht virtuell übrigens. Er ist ein sehr analoger Typ. Ohne Homeoffice hätte ich ihn wahrscheinlich nie kennengelernt. Und manchmal frage ich mich, wer nach mir besucht wird. Welche Branchen-Calls ihn wohl in der Nachbarschaft noch so interessieren?
Was passiert mit uns, wenn wir wieder ins Büro gehen dürfen? Darf ich mich überhaupt an Murphy gewöhnen? Wird er bald durch die Scheiben der Nachbarschaft blicken und sich verzweifelt fragen: Wo sind all die Menschen hin? Wo sind meine Leckerli-Automaten auf zwei Beinen?
Ja, wir haben uns gerade ans Homeoffice gewöhnt und wollen wir es wirklich wieder missen? Sind wir im New Normal angekommen oder ist das alles nur ein Schwebezustand, bis wir geimpft sind? Kehren wir dann zurück in den Urzustand? Dem AOL-Modem? Wir werden es sehen. Die vermutlich gesündeste Einstellung ist aber: nicht wehmütig zurückblicken, sondern das Beste daraus machen. Das Leben bei den Wifis packen! Sich freuen, dass endlich Schluss ist mit dem analogen Käse. Ringlichter für alle! Oder ist es doch nicht so einfach?
Ich hoffe jedenfalls, dass die Dienstreise durch halb Deutschland, nur um Kaffee zu trinken und gemeinsam durch eine PowerPoint zu scrollen, zukünftig die Ausnahme bleibt. Aus ökologischer Sicht ja auch ein kleiner Wahnsinn, wie oft einige von uns in den letzten 10 Jahren für einen Handshake und ein nettes Kennenlernen nach München, Berlin oder Frankfurt gereist sind.
Mittlerweile ist ein Videocall selbstverständlich. The New Normal. Und wir sind uns wohl alle einig, dass der Videocall als fester Bestandteil unseres Arbeitslebens bleibt. Dass er viele Reisen auch nach Corona ersetzen wird. Vielleicht aber werden wir nicht mehr ganz alleine vor dem Bildschirm sitzen. Vielleicht werden wir uns bald wieder zu zweit oder zu dritt vor eine Webcam im Home- oder auch gerne mal wieder im STR8-Office setzen. Ganz nah nebeneinander! Und Murphy kommt einfach mit ins Büro. Vielleicht fährt er ja gerne Auto. Elektro natürlich. Wir bei STR8 sind schließlich fancy.
Mirko Voges ist Leiter de Abteilung ray.seven IT Projekte und kümmert sich um Vertrieb, Kunden, Mitarbeiter und spricht gerne über seinen Pelikan – und warum dieser keine Möwe ist?
Autor: Mirko Voges